Exkursionsbericht Geländepraktikum Rechnitz 2023

Wintersemester 2023

Physiogeographisches Geländepraktikum

Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Physiogeographisches Geländepraktikum“ erkundeten Studierende vom 08.10.2023 bis zum 14.10.2023 verschiedene Umweltfaktoren im Raum Rechnitz. Zuerst wurde eine Einführung in verschiedene physiogeographische Parameter und deren Messmethoden von den Lehrveranstaltungsleitern gegeben. Im Anschluss haben sich drei Forschungsteams gebildet, die jeweils anhand einer Forschungsfrage verschiedene Hypothesen geprüft haben. Insgesamt lag der Fokus auf der Bodenkunde und Hydrologie sowie deren Zusammenhänge.

Standortbeschreibung

Unser Forschungsteam hat sich dazu entschieden, den Rechnitzbach an drei Standorten (siehe Abb. 1) zu untersuchen und Vergleiche zu ziehen. Des Weiteren wurde ein vierter Standort für die Untersuchung von Windphänomenen ausgesucht. Der erste Standort befindet sich nördlich von Rechnitz und dessen Stausee. Die Umgebung ist bewaldet und mäßig anthropogen beeinflusst. Zudem befindet sich in der Nähe jener Standort, an welchem die Windmessungen durchgeführt wurden. Dieser befindet sich am westlichen Ufer des Stausees. Der zweite Standort liegt an der südlichen Grenze von Rechnitz und ist im Vergleich zum ersten Standort sehr stark anthropogen beeinflusst. Der Bach ist begradigt und die umliegenden Felder werden landwirtschaftlich genutzt. Der dritte Standort liegt noch weiter südlich, an der Grenze zu Ungarn. Dieser Standort ist im Vergleich zu den anderen naturbelassener. Zudem wurde er ausgewählt, da sich zwischen dem zweiten und dritten Standort zahlreiche Ackerflächen befinden und somit der Einfluss der Landwirtschaft untersucht werden konnte.

Klima

Am Standort „Wind“ wurden Daten bzgl. der Temperatur sowie der Windgeschwindigkeit und - richtung erfasst. Aufgrund der kurzen Messdauer von nur etwas mehr als 1,5 Tagen können hier keine Aussagen hinsichtlich des Klimas und allgemeinerer Phänomene in Rechnitz getroffen werden, da erst ab einer Messdauer von 30 Jahren von Klimadaten gesprochen werden kann1. Widerlegt wurde, dass der Stausee in Rechnitz im gemessenen Zeitraum durch das Windphänomen „Land- und Seewind“ vorherrschend geprägt wurde. Die Theorie besagt, dass tagsüber kühler Wind von der Wasseroberfläche Richtung Festland weht und sich dieser Wind nachtsüber umdreht2. Mehrheitlich kam der Wind jedoch aus Nordwesten (siehe Abb. 2) und nicht, wie aufgrund der Lage des Sees erwartet, tagsüber aus Osten und nachts aus Westen. 

Hydrologie

An allen drei Standorten wurden die Nährstoffgehalte anhand von Phosphat und Ammonium gemessen. Dabei zeigte sich, dass die Gehalte an Standort 3 am höchsten waren. Durch die im Zuge der landwirtschaftlichen Nutzung eingetragenen Düngermitteln gelangen vermehrt Nährstoffe in das Fließgewässer. Dadurch war der Phosphat- und Ammoniumgehalt an Standort 3 am höchsten, da der Rechnitzbach bis zu diesem Standort im Vergleich zu den anderen Standorten die meisten Ackerflächen passiert hat. Bei allen Standorten lagen die Werte unter den Grenzwerten für Trinkwasser3. Des Weiteren wurde an allen drei Standorten die elektrische Leitfähigkeit des Wassers gemessen. An Standort 3 waren die Werte aufgrund der landwirtschaftlichen Nutzung am höchsten. Denn die Ionen, welche sich in verschiedenen Düngermitteln befinden, werden durch den Niederschlag aus den Ackerflächen ausgewaschen und in den Bach eingetragenen, wodurch sich die elektrische Leitfähigkeit des Wassers erhöht4. An den drei Standorten wurde außerdem die Fließgeschwindigkeit gemessen. Dabei wurde an Standort 2 die höchste Fließgeschwindigkeit ermittelt. Dies lässt sich vermutlich auf die anthropogene Begradigung des Baches zurückzuführen. 

Vegetation

In Bezug auf die Vegetation konnten festgestellt werden, dass an Standort 1 die Kraut-, Strauch und Baumschicht mäßig ausgeprägt sind. Am zweiten Standort ist diese Schichtung aufgrund desstarken anthropogenen Einflusses gar nicht vorhanden. Es ist nur eine Wiese mit einzelnen angepflanzten Bäumen vorzufinden. Am dritten Standort hingegen sind alle drei Schichtenausgeprägt und eine hohe Diversität vorhanden. Beim Vergleich der Standorte wurde herausgefunden, dass mit steigendem anthropogenem Einfluss die Strauchschicht abnimmt, wodurch die oberflächennahe Temperatur zunimmt, da diese Schicht ein wichtiger Schattenspender ist. Außerdem nimmt die Bodenfeuchte bei den naturbelassenen Standorten entscheidend zu. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der anthropogene Eingriff in die Vegetation einen erheblichen Einfluss auf das Ökosystem, besonders auf den Boden hat.

Boden

Im Bereich der Bodenkunde wurde als erstes der Unterschied zwischen der oberflächennahen Temperatur in 0 cm und 12 cm Lufthöhe sowie jener in 6 cm Bodentiefe analysiert. Dabei zeigte sich an allen drei Standorten, dass die Temperatur in 6 cm Bodentiefe einer weitaus geringeren tageszeitlichen Schwankung unterliegt. Beispielhaft lässt sich dies am Diagramm in der Abbildung3 erkennen. Der Grund dafür ist die höhere Wärmekapazität des Bodens, wodurch eine größere Menge an Energie benötigt wird, um die Temperatur des Bodens zu erhöhen. Zum anderen haben Böden aufgrund ihrer höheren Dichte eine höhere Wärmeleitfähigkeit als Luft. Dadurch kann die Wärmeenergie effizienter von einem Punkt zum anderen geleitet werden. Zum anderen können Böden die eintreffenden Sonnenstrahlen reflektieren, während die Luft sie durchlässt und erwärmt wird.5  Durch die durchgeführte Forschung wurde uns nochmals der Zusammenhang der physiogeographischen Faktoren sowie das Ausmaß des menschlichen Einflusses auf die Umweltbewusst. Zudem haben wir verschiedene Messmethoden erlernt und angewandt sowie eine bessere Vorstellung der Arbeitsabläufe im Feld erhalten.

Eindrücke

Fotos Rechnitz 2023

Standortübersicht

Abbildung 1: Standortübersichtkarte Rechnitz 2023, Quelle: eigene Abbildung

Wind

Abbildung 2: Windrichtung und -geschwindigkeit am Stausee Rechnitz,

1.-13.10.2023, Quelle: eigene Abbildung

Temperatur

Abbildung 3: Temperaturveränderungen in verschiedenen Höhen an Standort 1,

1.-13.10.2023, Quelle: eigene Abbildung

Quellen

  • Amelung, Wulf, Hans-Peter Blume, Heiner Fleige, Rainer Horn, Ellen Kandeler, Ingrid Kögel-Knabner, Ruben Kretzschmar, Karl Stahr, und Berndt-Michael Wilke. Scheffer/Schachtschabel Lehrbuch der Bodenkunde. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg, 2018.
  • Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Abteilung I/2: Nationale und internationale Wasserwirtschaft (Hrsg.). „Wassergüte in Österreich Jahresbericht 2016–2018“. Wien, 2020.
  • Häckel, Hans. Meteorologie. 9., Vollständig überarbeitete und Erweiterte Auflage. utb Geowissenschaften | Ökologie | Agrar- und Forstwissenschaften 1338. Stuttgart: Verlag Eugen Ulmer, 2021.
  • Hamburger Bildungsserver (Hrsg.). „Böden Klimasystem“. Zugegriffen 13. Oktober 2023.
  • Kunkel, Ralf, Hrsg. Die natürliche, ubiquitär überprägte Grundwasserbeschaffenheit in Deutschland. Schriften des Forschungszentrums Jülich. Reihe Umwelt, 1433-5530 ; Environment, Bd. 47 = v. 47. Jülich: Forschungszentrum Jülich, Zentralbibliothek, 2004.